Wasserentnahmeentgelt in der Landwirtschaft

Eine Vergleichsanalyse der Regelungen und Preise für die landwirtschaftliche Bewässerung in Deutschland

Case Study

Hintergrund
Die Nutzung von Wasser zur Bewässerung in der Landwirtschaft ist ein essenzieller Faktor für die landwirtschaftliche Produktion und die Erhaltung der Ernteerträge. Angesichts der zunehmenden Herausforderungen durch den Klimawandel, Wasserknappheit und den steigenden Bedarf an nachhaltiger Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen gewinnen die gesetzlichen Regelungen und die Preisgestaltung für die Wassernutzung zunehmend an Bedeutung.

 

 


In Deutschland variieren die Regelungen und Entgelte für die Entnahme von Grund- und Oberflächenwasser für Bewässerungszwecke erheblich zwischen den Bundesländern. Während einige Bundesländer bereits umfassende und klar definierte Regelungen implementiert haben, befinden sich in anderen Regionen die Vorschriften noch in der Überprüfungs- oder Anpassungsphase. Oftmals waren Landwirte in der Vergangenheit von Entgelten für die Wasserentnahme befreit oder erhielten finanzielle Ausgleiche für einen reduzierten Einsatz von Düngemitteln, um umweltfreundlichere Praktiken zu fördern. Diese Regelungen und deren Änderungen haben direkte Auswirkungen auf die landwirtschaftliche Praxis und die wirtschaftliche Belastung der Landwirte.


 


Abbildung 1 - Bewässerungsentgelte für Grundwasser (Stand: 12.09.2024)
Quelle: Eigene Darstellung



 



Abbildung 2 - Bewässerungsentgelte für Oberflächenwasser (Stand: 12.09.2024)
Quelle: Eigene Darstellung



Dringender Handlungsbedarf bei der Preisgestaltung und Regulierung der Bewässerungsentgelte
Die Preisgestaltung für Bewässerung zeigt, dass für Grundwasser höhere Entgelte angesetzt werden als für Oberflächenwasser. Nur sechs von 16 Bundesländern erheben Entgelte für Oberflächenwasser, wohingegen zehn Bundesländer Abgaben für Grundwasser verlangen. Die ungleiche Preisgestaltung belastet die Grundwassernutzung insgesamt stärker und deutet auf eine Knappheit dieser Ressource hin. Der globale Klimawandel verschärft die Situation zusätzlich, da steigende Temperaturen, erhöhte Verdunstung und längere Dürreperioden bereits jetzt zu einem steigenden Bewässerungsbedarf in der Landwirtschaft führen. Prognosen weisen auf sinkende Grundwasserspiegel in Deutschland hin, insbesondere in Nord- und Ostdeutschland. Parallel zur steigenden Nachfrage nach Grundwasser erhöht sich auch die Nutzung von Oberflächengewässern. Diese Entwicklung macht deutlich, wie dringend Maßnahmen für eine nachhaltige Nutzung der Wasserressourcen erforderlich sind, um weiteren Ertragsverlusten in der Landwirtschaft vorzubeugen.

 

 


Bei Obst, Gemüse und Zierpflanzen führt ein Wassermangel häufig zu Totalausfällen, weil die Qualität der Ernte so stark leidet, dass eine Vermarktung unmöglich wird. Da die Verfügbarkeit von Wasser während der Vegetationsperiode in Deutschland zunehmend abnimmt, entsteht auch hier ein dringender Anpassungsbedarf für die landwirtschaftlichen Praktiken (vgl. Brasseur, G. P., 2023, S. 240, Abs. 18.2.2 ff.). Angesichts dieser wissenschaftlichen Erkenntnisse ist eine Reform der Preisstruktur dringend geboten. Es bedarf eines integrativen Ansatzes, der die hydrologische Verbindung von Grund- und Oberflächenwasser stärker in den Vordergrund stellt. Nur durch eine einheitliche und wissenschaftlich fundierte Preisgestaltung, die sowohl Grund- als auch Oberflächenwasser einbezieht, können die Risiken einer irregulären und übermäßigen Nutzung minimiert, eine nachhaltige Wasserbewirtschaftung sichergestellt und die Zufriedenheit der Landwirte gewährleistet werden.

 

 


Wasserentgelt: Ein ökonomisch sinnvoller Schritt?

Insgesamt lässt sich festhalten, dass das Wasserentgelt ein sinnvoller Ansatz ist, um die Wassernutzung zu regulieren und nachhaltiger zu gestalten. Durch die Einführung von Wasserentgelten wird ökonomisch ein Anreiz geschaffen, Wasser sparsamer und bewusster zu verwenden, was langfristig zu einer besseren Ressourcenschonung führen kann. Allerdings sollten Bagatellfreigrenzen und Entgeltbefreiungen kritisch hinterfragt werden. Diese Maßnahmen könnten dazu führen, dass der gewünschte Lenkungseffekt abgeschwächt wird und bestimmte Nutzergruppen ungerechtfertigt bevorzugt werden. Zehn Bundesländer, die Wasserentgelte für die landwirtschaftliche Bewässerung erheben, setzen heterogene Bagatellgrenzen zwischen 2.000 - 35.000 m³ fest. Dadurch bleibt unklar, welche Bevölkerungsgruppen tatsächlich entlastet werden sollen. Diese Grenzen zielen einerseits darauf ab, kleine Betriebe zu unterstützen, andererseits sollen sie den Verwaltungsaufwand für die Behörden verringern. Gleichzeitig offenbart die Umrechnung der Wasserentgelte von Kubikmetern in Euro eine unausgereifte und teilweise unverhältnismäßige Preisgestaltung, die mehr Transparenz erfordert.

Stattdessen sollte der Fokus verstärkt auf Ermäßigungen für die Nutzung von neuen technologischen Lösungen gelegt werden, die zu einer effizienteren Wassernutzung beitragen, wie z.B. Tröpfchenbewässerung oder Pivot/Linear-Systeme. Solche Technologien könnten durch gezielte Subventionen gefördert werden, um ihre Verbreitung zu beschleunigen und die Innovationskraft zu stärken, die teilweise schon in einigen wenigen Bundesländern, wie Rheinland-Pfalz oder Saarland, praktiziert wird. Härtefallanträge sollten ebenfalls berücksichtigt und für kleine oder finanziell eingeschränkte Betriebe eingerichtet werden, um sicherzustellen, dass diese wirtschaftlich bleiben. Jedoch bedarf es klarer Definitionen und Kriterien, um Missbrauch zu vermeiden.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Koordination aller betroffenen Akteure, einschließlich der Landwirtschaft, sowie die Einhaltung der Anforderungen der EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL). Dies erfordert einen umfassenden Abstimmungsprozess, um sicherzustellen, dass die Maßnahmen nicht zu einer wirtschaftlichen Überlastung der Landwirte führen. Eine enge Zusammenarbeit und ein kontinuierlicher Dialog zwischen den verschiedenen Interessengruppen sind unerlässlich, um tragfähige und ausgewogene Lösungen für Landwirte zu finden, damit sie sich nicht „ökonomisch erdrosselt“ fühlen (vgl. Porth, Schüttrumpf, & Ostermann, 2023, Abs. 57).